Fahrradständer in Deutschland - Planung und Gestaltung von Fahrradabstellanlagen
Der Stellenwert des Fahrrads in Deutschland
Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub – kurz ADFC – hat im
vergangenen Jahr über 2000 Bürger nach Ihrem Radfahrverhalten gefragt. Das
Ergebnis wurde im Fahrrad-Monitor Deutschland festgehalten. Demnach wird das
Fahrrad immer wichtiger: In jedem Haushalt sind statistisch gesehen ca. 2,5
Fahrräder vorhanden. Und: Das Rad ist immerhin schon auf dem dritten Platz im
Kampf um das beliebteste Verkehrsmittel geklettert. Dabei ist auffällig, dass
sich das Fahrrad in Großstädten großer Beliebtheit erfreut, auf dem Land ist
das noch nicht ganz so.
In Zusammenarbeit mit einem renommierten Institut hat der ADFC diese Studie durchgeführt und damit zum zweiten Mal in Folge einen Überblick über die Radfahrgesellschaft gegeben.
Der ADFC ist die Interessenvertretung der deutschen Radfahrer. Er wurde 1979 in Bremen gegründet und fungiert seitdem als anerkannter Verkehrsclub. Seine Aufgaben lassen sich nur schwer einzeln darstellen, da sich diese von verkehrspolitischen Belangen über Umweltschutz bis hin zu gesundheitlichen Themen differenzieren.
Überblick über die technische Richtlinie TR 6102 des ADFC
Grundsätzlich differenziert man bei Fahrradparker in vier
Kategorien:
· Offene Fahrradparker, bei denen die Fahrräder nur kurzzeitig abgestellt werden, wie zum Beispiel zum Einkaufen
· Offene Fahrradparker, bei den die Räder länger und unbewacht abgestellt werden, wie zum Beispiel an Bahnhöfen oder auf Firmengeländen
· Abstellanlagen, für das Abstellen von Reiserädern konstruiert wurden
· Geschlossene Abstellsysteme, die aufgrund des sehr langen Abstellzeitraums von Räder spezielle Anforderungen, wie zum Beispiel den Diebstahlschutz, erfüllen müssen
Die Fahrradparker, die eine Zertifizierung durch den ADFC
erhalten haben, wurden insbesondere auf Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit
geprüft. Grundlegende Standards im Prüfungsprozess erfordern dies. Die Prüfung
wird von Sachverständigen des ADFC oder anderen durch den ADFC autorisierten
Personen auf Anfrage des Herstellers vorgenommen. Sie beobachten und bewerten
die Handlungen der Testpersonen nach speziellen Kriterien und geben am Ende ihr
Urteil ab. Jeder der Testradfahrer erprobt bei mehreren Parkvorgängen die
Handhabung des jeweiligen Fahrradparkers, den der Hersteller als Prüfmuster zur
Verfügung stellen muss. Zudem beurteilen weitere Probanden – diese sollen
möglichst keine professionellen Radfahrer sein – weitere fahrradspezifische
Kriterien, wie zum Beispiel eine im besten Fall verständlich und unkompliziert
geschriebene Gebrauchsanleitung oder den Schutz vor Vandalismus, der
Abstellanlage.
In der Technischen Richtlinie 6102 werden konkrete Anforderungen an eine Fahrradabstellanlage niedergeschrieben, die dann in der Prüfung ausführlich getestet werden:
- Der Mindestabstand beträgt 700mm. Eine abwechselnde Hoch-Tiefstellung der Vorderräder ist nicht zulässig.
- Der Mindestabstand beträgt 500mm. Eine abwechselnde Hoch-Tiefstellung der Vorderräder ist zulässig. Die Höhendifferenz beträgt mindestens 200mm.
- Der Mindestabstand beträgt 1000mm. Packtaschen im Vorderrad- und Hinterradbereich müssen frei zugänglich sein.
- Die lichte Breite einer Fahrradbox in dem Bereich, der vom Lenker passiert wird, muss mindestens 750mm betragen, um auch Fahrräder mit Rückspiegel aufnehmen zu können.
(Quelle: ADFC. (16. Oktober 2012). ADFC-empfohlene Abstellanlagen. Von www.adfc.de : http://www.adfc.de/files/2/110/111/TR6102_09-08_Empfehlenswerte_Fahrrad-Abstellanlagen.pdf abgerufen)
Nachdem festgestellt wurde, dass der Fahrradparker diese Anforderung erfüllt, ist nun die Benutzbarkeit entscheidend. Auch dafür erwartet der ADF konkrete Maßstäbe:
· Schutz des Fahrrades
Technische Kriterien für die Planung von Fahrradabstellsystemen
Laut Fahrrad-Monitor 2011 sind für 71 Prozent der Befragten die Abstellmöglichkeiten am Arbeitsplatz ein entscheidender Anreiz mit dem Rad zur Arbeit zu fahren. Aber nicht überall wird der Abstellplatz für Fahrräder optimal genutzt. Dabei können Unternehmen, Bildungseinrichtungen usw. individuelle, moderne und zudem auch an den technischen Ansprüchen ausgerichtete Lösungen finden. Da es sich bei solch großen Einrichtungen meist um Massenabstellplätze von Fahrrädern handelt, müssen auch hier gewisse Standards eingehalten werden. Der ADFC gibt hier die bereits genannten Mindestabstände zwischen den einzelnen Fahrrädern an. Grundsätzlich müssen bei ebenerdiger Aufstellung 700 mm und bei einer höhenversetzten Einstellung 500 mm Abstand eingehalten werden. Eine Unterschreitung dieser Abstände würde zur Folge ziehen, dass nur jeder zweite Einstellplatz genutzt werden kann. Da dies aber nicht im Sinne einer optimalen und effizienten Auslastung ist, sollten die Mindestabstände eingehalten werden.
Der ADFC gibt ergänzend auch Empfehlungen zu möglichen Aufstellanleitungen und unterscheidet dabei zwischen den Möglichkeiten „einseitig E“, „doppelseitig D“, „nur tief“ und „hoch/tief-Stellung“. Unter „einseitig E“ ist eine Fahrrad-Abstellmöglichkeit gemeint, bei der eine sich aus der Fahrradlänge von 190 cm ergebende Stellplatztiefe einzuplanen ist. Bei der Gegenüberaufstellung „doppelseitig D“ wird davon ausgegangen, dass die Vorderräder zu 100 Prozent überlappend aufgestellt sind, aufgrund dessen 70 cm Platz eingespart wird. Die daraus resultierende Stellplatztiefe beträgt dann 150 cm. Für die “nur tief“-Aufstellung empfiehlt der ADFC eine Stellplatzbreite von 70 cm. Diese Größe ergibt sich aus der Lenkerbreite. Wenn nur jedes zweite Fahrrad mit dem Vorderrad in eine höher gehaltene Stellung bringt, eignet sich die „hoch/tief-Stellung“. Diese erlaubt, dass jedes zweite Vorderrad um 25 cm höher aufgestellt wird und bringt damit zugleich eine Platzersparnis von 30 Prozent mit sich.
Anforderungen an Gestaltung und Lokalität von Fahrradabstellsystemen
Neben den technischen, auch vom ADFC formulierten Kriterien sind für eine optimale Planung von Abstellanlagen auch jene Maßnahmen von Bedeutung, die das gestalterische Umfeld und die Lokalität der Abstellanlage betreffen.
Bevor überhaupt eine Abstellanlage errichtet werden soll, muss zuerst eine Bedarfsprüfung durchgeführt werden. Eine konkrete Analyse der tatsächlichen Notwendigkeit für die Konzeption eines Raumes für eine durchaus größere Abstellanlage ist ein integraler Bestandteil der Vorüberlegungen. Die Erarbeitung einer ausführlichen Planung erfordert im ersten Schritt die Klärung des Bedarfs an Fahrradstellplätzen und – damit zusammenhängend – des Standortes: Je mehr Bedarf, desto größer muss der Standort sein. Bei der Ausarbeitung sollten daher Fragen nicht nur nach dem „wo?“, sondern auch nach der Parkdauer und der Tageszeit, an dem die meisten Räder abgestellt werden, gestellt werden. Gemessen an der Parkzeit, lassen sich demnach Typen charakterisieren: An Bildungseinrichtungen, Unternehmen oder auch an Bahnhöfen muss mit einer größeren Menge an dauerhaften Fahrradparkern gerechnet werden (Langzeitparker), wohingegen an Geschäften eher eine kurze Verweildauer einzuplanen ist. Kurzzeitparker haben im Gegensatz zu länger abgestellten Fahrrädern weniger Ansprüche an eine Abstellanlage.
Langzeitparker haben tendenziell höhere Forderungen an den
Diebstahlschutz oder Vorrichtungen, die vor Wettereinflüssen bewahren. Damit
erwarten vor allem Kurzzeitparker eine geringe Entfernung zwischen dem
Abstellplatz und ihrem Zielort. Grundsätzlich sollte aber bei der Planung einer
solchen Anlage darauf geachtet werden, dass die beiden Orte nicht allzu weit
auseinandergelegen sind.
Ebenso ist die Nähe zu möglichen anderen
Verkehrsanbindungen entscheidend, so zum Beispiel ist an Bahnhöfen eine kurze
Anbindung zum Zugverkehr ein wichtiger Faktor. Gerade an solchen Orten, aber
auch an Schulen oder Unternehmen, bedarf es einer eigens ausgerichteten und
kalkulierten Erarbeitung der Abstellanlage, bei der verschiedene Besonderheiten
beachtet werden müssen: Sie muss auf die Richtung, aus denen die Radfahrer
kommen, ausgelegt sein. Weiterhin müssen die Platzverhältnisse berücksichtigen
werden, denn ein gerader Boden, auf dem die Räder in dem Fahrradständer nicht
wegrollen – das schreibt der ADFC in seiner Technischen Richtlinie vor – hat
hohe Priorität.
Ein ebenso wichtiger Aspekt ist die Möglichkeit der sozialen
Kontrolle durch andere, zufällig vorbeilaufende Passanten oder auch Mitarbeiter
des Unternehmens etc., wie der Hausmeister. Durch diese gute Einsehbarkeit
seitens der Öffentlichkeit, kann einen entscheidenden Beitrag zum
Diebstahlschutz beitragen. Schon allein die Tatsache, dass es mögliche Zeugen
für einen Diebstahl geben könnte, schreckt Diebe ab. Die Abstellanlage muss
neben den bereits genannten Kriterien, ebenso gut beleuchtet sein. Sollte dies
nicht der Fall sein, können sich die Radfahrer verletzen oder aufgrund der
Dunkelheit und des Nichts Sehens Schäden am Fahrrad entstehen. Außerdem ist die
Dunkelheit eine Einladung für Diebe.
Nachdem die weiter
oben angesprochene, in viele Schritte unterteilte Bedarfsanalyse durchgeführt
wurde und man nun die notwendigen Faktoren ermittelt hat, kann darüber
diskutiert werden, welches Stellkonzept zur Anwendung kommen soll. Der ADFC
unterscheidet generell zwischen zentralen und dezentralen Abstellanlagen.
Erstere sind dort anzutreffen, wo es eine große Anzahl an Langzeitparkern gibt.
Entsprechend müssen dort die bereits weiter oben beschriebenen Anforderungen
seitens des Betriebes, der Bildungseinrichtung oder auch des Hauseigentümers
erfüllt sein. Dezentrale Anlagen werden vorrangig in Einkaufsstraßen oder
direkt vor Läden gebraucht. Die hier parkenden Kurzzeitparker haben zwar
weniger Ansprüche, aber die Sicherheit muss trotzdem gewährleistet sein.
Wie bereits mehrmals in diesem Leitfaden erwähnt wurde, gibt es sehr viele verschiedene Orte, an denen Fahrräder abgestellt werden. Im nun Folgenden sollen auf die wichtigsten detaillierter eingegangen werden.
Wohnort
Arbeitsplatz
Orte mit einem großen Besucherandrang
Bildungseinrichtungen
Stationen des öffentlichen Personennahverkehrs
In der hier aufgeführten Tabelle finden Sie Orientierungshilfen für eine optimale Planung des Platzes für Abstellanlagen:
Wohngebäude
|
Mehrfamilienhäuser
|
2
– 5 Stellplätze pro Wohnung
|
Kinder
und Jugendheime
|
0,-5
Stellplätze je Wohnung
|
|
Studentenwohnheime
|
1
Stellplatz pro Bett
|
|
Altenwohnheime
|
0,2
Stellplätze pro Bett
|
|
Büro-
und Praxisräumlichkeiten
|
Bürogebäude
|
1
Stellplätze pro 30 m² Nutzfläche
|
Läden
und Geschäftshäuser
|
0,5
Stellplätze pro 30 m² Verkaufsfläche
|
|
Supermärkte
|
0,5
Stellplätze pro 30 m² Verkaufsfläche
|
|
Handwerks-
und Industriebetriebe
|
1
Stellplatz je 70 m² oder je 3 Beschäftigte
|
|
Öffentliche
Einrichtungen
|
Theater,
Konzerthallen, Mehrzweckhallen etc.
|
1
Stellplatz pro 30 m² Verwaltungsfläche oder
1
Stellplatz pro 10 Sitzplätze
|
Sportplätze
/ Stadien
|
1
Stellplatz pro 10 Besucherplätze
|
|
Freibäder
|
1
Stellplatz pro 200 m² Grundstücksfläche
|
|
Hallenbäder
|
1
Stellplatz pro 10 Besucherplätze
|
|
Gaststätten
|
Gaststätten
|
1
Stellplatz pro 5 Sitzplätze
|
Krankenanstalten
|
Krankenhäuser
|
1
Stellplatz je 30 m² Verwaltungsfläche oder je 20 Betten
|
Kuranstalten,
Altenpflegeheime
|
1
Stellplatz je 30 m² Verwaltungsfläche oder je 25 Betten
|
|
Bildungseinrichtungen
|
Grundschulen
|
0,5
Stellplätze pro Schüler
|
(Fach-)Hochschulen
|
1
Stellplatz pro 30 m² Verwaltungsfläche
|
|
Kindergärten
|
1
Stellplatz pro 30 m² Verwaltungsfläche
|
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